BVerwG zur Verwirkung des Anfechtungsrechts bei Konkurrentenklagen

08.10.2018

Bundesverwaltungsgericht weist erneut auf Pflichten der Beamtin bzw. des Beamten im Rechtsschutz bei Bewerbungsverfahren hin.
BVerwG zur Verwirkung des Anfechtungsrechts bei Konkurrentenklagen

Im aktuellen Fall wandte sich eine Studienrätin im Jahr 2013 gegen eine vorgenommene Beförderung einer Kollegin aus dem Jahr 2009. Diese war seinerzeit ohne Ausschreibung und ohne Mitteilung an bei der Auswahl nicht berücksichtigten anderen beamteten Lehrer befördert worden. Das zuständige OVG hat festgestellt, dass die Klägerin ihr Anfechtungsrecht verwirkt habe, da sie über Jahre hinweg untätig blieb – obwohl ihr regelmäßige Beförderungen für Lehrkräfte bekannt gewesen sind. Sie hätte sich jedenfalls „durch einfache Nachfrage darüber Kenntnis verschaffen können“. Das BVerwG wies nun die Revision der Klägerin zurück, stellte zugleich aber durchaus fest, dass der Dienstherr den Bewerbungsverfahrensanspruch der Klägerin verletzt habe. Der Anspruch sei nach dieser Zeit aber bereits verwirkt, da es ihr zumutbar war, binnen eines Jahres nach Ernennung der Konkurrentin diese anzufechten. „Gesetzlicher Anknüpfungspunkt für diese Jahresfrist ist § 58 Abs. 2 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO)“, so das BVerwG.

Zuletzt haben wir über weitreichende Pflichten im Beitrag „BVerwG: Kein Schadensersatz wegen Nichtbeförderung bei Verstoß des Beamten gegen Erkundigungs- und Rügeobliegenheit“ auf unserer Internetseite berichtet.

 

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Leitsätze:

1. Das Recht des in einem Beförderungsverfahren nicht berücksichtigten Beamten, eine Verletzung seines Bewerbungsverfahrensanspruchs durch Anfechtung der Ernennung des ausgewählten Beamten geltend zu machen, unterliegt der Verwirkung (Fallkonstellation des ausnahmsweise eröffneten nachgehenden Primärrechtsschutzes wegen Verhinderung oder Unmöglichkeit vorherigen Eilrechtsschutzes, vgl. BVerwG, Urteil vom 4. November 2010 - 2 C 16.09 - BVerwGE 138, 102 Rn. 29 ff.).

2. Eine Verwirkung kann anzunehmen sein, wenn der Beamte hinreichende Kenntnis vom Umstand regelmäßig stattfindender Beförderungen in seinem Verwaltungsbereich hatte (Anstoßwirkung). Der positiven Kenntnis steht es gleich, wenn sich ihm eine solche Kenntnis hätte aufdrängen müssen und er etwa fehlendes Wissen über nähere Einzelheiten des Beförderungsverfahrens durch einfache Nachfrage beim Dienstherrn oder beim Personalrat hätte erlangen können.

3. Die zeitliche Grenze, ab der das Anfechtungsrecht in derartigen Fallkonstellationen verwirkt sein kann, ist in Anlehnung an die gesetzliche Wertung in § 58 Abs. 2 Satz 1 VwGO regelmäßig mit einem Jahr ab der jeweiligen Ernennung anzusetzen.