Tätigkeitsbericht des LfDI 2022

18.07.2023

Veröffentlichung des 38. Berichts, unter neuer Leitung: Prof. Dr. Tobias Keber folgt Stefan Brink als Landesdatenschutzbeauftragter nach.
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Wechsel beim Landesdatenschutzbeauftragten

Am 1. Juli übernahm Prof. Dr. Keber das Amt von seinem Vorgänger Stefan Brink. Zunächst möchten wir Herrn Brink für seine Arbeit in den letzten Jahren herzlich danken. Als Landesvorsitzender kann ich mich beispielsweise gut an eine gemeinsame Veranstaltung auf Einladung der FDP/DVP-Fraktion in Heilbronn erinnern, bei dem wir zu zweit eine Podiumsdiskussion bestritten haben. Dabei ging es nicht nur um die dringend notwendige Mindestdatenspeicherung (andere nennen sie Vorratsdatenspeicherung), sondern um vielfältige Themen rund um Polizei und Datenschutz. Ein sehr angenehmes Treffen und eine angeregte Diskussion, man muss auch nicht immer einer Meinung sein, oft waren wir das. Alles Gute Herr Brink!

Prof. Dr. Keber wünschen wir an dieser Stelle einen guten Start in das Amt und stets eine glückliche Hand für die wichtige Aufgabe. Die Praxis zeigt, eine frühzeitige Einbindung des LfDI in polizeiliche Projekte kann Unklarheiten bereits zu Beginn ausräumen. Das lohnt sich am Ende!

38. Datenschutz-Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationssicherheit Baden-Württemberg für das Jahr 2022 (oder etwas kürzer Drucksache 17/3900)

Der diesjährige Titel lautet „Datenschutz + Digitalisierung = nachhaltige Entwicklung“. Der LfDI-Bericht gehört zu den jährlichen Dokumenten, die man als Gewerkschafter querlesen sollte. Natürlich liegt unser Fokus auf der Analyse der Kritik an der Polizei (präziser dem Polizeivollzug). Und in der Vergangenheit haben wir durchaus einen etwas anderen Blick auf vorgestellte Themen geworfen und eine Einordnung aus kriminalpolizeilicher Sicht vorgenommen.

Ich nehme es vorweg, das ist in diesem Bericht nicht der Fall. Wenn Sie möchten, dann lesen Sie aber gerne auch den Rest der Betrachtung. Schwerpunkte des Berichts sind die Corona-Pandemie, der Einsatz von Microsoft 365 an Schulen und Europäische Themen.

Im erstgenannten Thema, der Corona-Pandemie, thematisiert der Jahresbericht Einzelfälle, bei denen Beamte des Polizeivollzugsdienstes versucht haben, auf Daten zurückzugreifen, die zu Zwecken des Infektionsschutzes nach Infektionsschutzgesetz erhoben worden sind. Hier bestand die klare Regelung, dass die „erhobenen personenbezogenen Daten insbesondere nicht zu Zwecken allgemeiner Strafverfolgung verwendet werden“ dürfen. Der Bericht führt aus, dass es in BW zu keiner Herausgabe der Daten kam. Interessanterweise führt der LfDI dabei aus, dass es ja auch gerade der Polizeivollzugsdienst war, der intensiv in die Überwachung des Infektionsschutzes eingebunden worden ist und dass diese Aufgaben-Verknüpfung nicht sehr günstig ist – der Gesetzgeber sei zurückliegend deswegen sehr zurückhaltend gewesen, „bei der Übertragung infektionsschutzrechtlicher Aufgaben auf den Polizeivollzugsdienst“ zurückzugreifen. Das lässt Erinnerungen aufkommen, denn tatsächlich hätten zahlreiche Aufgaben auch außerhalb des Polizeivollzugsdienstes noch stärker auf andere Verwaltungsbereiche insb. Ortspolizeibehörden übertragen werden können. Wir waren häufig nur verfügbarer (Stichwort 24/7) und es gehört zu den offenen Geheimnissen, dass die Polizei in Baden-Württemberg immer alles schafft. Ich frage mich im Übrigen noch heute, warum die Gesundheitsämter in der größten Pandemie des aktuellen Jahrtausends es geschafft haben, am Wochenende einfach zu schließen und erst am Montag wieder aufzumachen (aber das ist eine persönliche Anmerkung).

Ein weiteres Thema unter Nennung der Polizei ist die Verhängung von Bußgeldern bei „zweckwidriger Verwendung von personenbezogenen Daten zu privaten Zwecken, insbesondere durch Beschäftigte der Polizei“ – dies ist aber in Relation zu den Gesamtverfahren zu setzen: 18 rechtskräftige Bußgeldverfahren in allen Bereichen der Verstöße. Klar ist, dass dieses (und jedes einzelne) Verhalten innerhalb der Polizei nicht zu dulden ist. Mir sind auch entsprechende weitreichende Konsequenzen in Dienststellen bekannt. Es wurde reagiert.

Zudem widmet der LfDI unter Ziffer 9.1.3 und der Überschrift „Ein Prüfverfahren schlägt Wellen“ ein ganzes Kapitel unserem obersten Dienstherren, Innenminister Thomas Strobl (CDU). So hatte die SPD-Fraktion im Mai 2022 um eine – langes Zitat: „datenschutzrechtliche Bewertung eines Vorgangs im Innenministerium gebeten. Ausgangspunkt waren ursprünglich Vorwürfe gegen den Inspekteur der Polizei, welche in ein Disziplinarverfahren mündeten. Im Rahmen dieses laufenden Disziplinarverfahrens hatte dessen Anwalt dem Innenministerium den Wunsch zu einem persönlichen Gespräch unterbreitet. Dieses Schreiben war in der Folge durch das Innenministerium an einen einzelnen Journalisten weitergegeben worden. Nach einer öffentlichen Stellungnahme des Innenministers diente diese Weitergabe der Transparenz, um den Anschein einer „Mauschelei“ zu verhindern.“

Der LfDI teilt hierzu mit, dass ein entsprechendes Verfahren eingeleitet wurde, denn „wir [der LfDI] [konnten] keine Rechtsgrundlage für die Weitergabe des Anwaltsschreibens erkennen“ und weiter: „Die Übermittlung von Daten aus der Personalakte beziehungsweise einem Disziplinarverfahren ist wegen ihrer besonderen Schutzwürdigkeit nur unter ganz engen Voraussetzungen zulässig, insbesondere wenn sie gegenüber am Verfahren unbeteiligten Dritten erfolgen. Hier gilt grundsätzlich die Vertraulichkeit der Personalakte und des Disziplinarverfahrens, mit der Herausgabe des Anwaltsschreibens war diese in Bezug auf den sich daraus ergebenden Inhalt aufgehoben.“

Aktuell ist ein Verfahren nach Artikel 58 DS-GVO anhängig und ruht.

Ein weiteres Thema war die Dashcam-Ausstattung von Streifenwägen (vgl. Ziffer 9.5.8), bei denen der LfDI klare Grenzen aufgezeigt hat.

Positiv gestaltete sich am Ende auch die Zusammenarbeit bei der polizeilichen Videoüberwachung an Kriminalitätsbrennpunkten in Stuttgart („als Antwort auf die ‚Stuttgarter Krawallnacht“ im Jahr 2020). Hier musste der LfDI zunächst um Einbindung bitten, das Konzept konnte aber dann erfolgreich abgestimmt werden.

Steffen Mayer, Landesvorsitzender

 

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