Tarifabschluss im öffentlichen Dienst: Enttäuschende Einigung!

01.12.2021

Eine Lohnerhöhung von 2,8% erst ab Dezember 2022 und eine steuerfreie Corona-Regelung in Höhe von 1.300 Euro bis März 2022 sind die wesentlichen Eckpunkte des Tarifabschluss. Mit ihrem Plan, die Eingruppierungsregelungen hinsichtlich des Arbeitsvorgangs zu zerstückeln, konnten sich die Arbeitgeber nicht durchsetzen. Eine Einordnung der Sprecherin Tarif des BDK NRW.
Tarifabschluss im öffentlichen Dienst: Enttäuschende Einigung!
Foto: BDK NRW, Sprecherin Tarif Christel Fein

Für den BDK NRW ordnet die tarifpolitische Sprecherin Christel Fein das Ergebnis ein:

Ein insgesamt mehr als enttäuschender Abschluss. Bei der zu erwartenden Inflationsrate von derzeit bereits mindestens 5% bedeutet das Ergebnis, eine Lohnerhöhung ab Dezember 2022 (ja, kein Tippfehler!), faktisch ein Reallohnverlust.

Eine Attraktivitätssteigerung des öffentlichen Dienstes ist so nicht erreichbar. Der öffentliche Dienst wird gute Fachkräfte so noch weniger für sich gewinnen können. Wie auch in der letzten Tarifrunde haben sich die gewerkschaftlichen Verhandlungsführer nicht mit ihren Forderungen durchsetzen können. Es konnte wieder einmal keine Einkommenserhöhung erzielt werden, die auch spürbar im Portemonnaie ankommt. Hier müssen sich die gewerkschaftlichen Verhandlungsführer die kritische Frage gefallen lassen, warum sie erneut so schnell eingelenkt und aufgegeben haben, für die Arbeitnehmer Wertschätzendes auszuhandeln.

Im Detail sieht das Tarifergebnis folgendermaßen aus:

  • Die 1,1 Millionen Tarifbeschäftigten der Bundesländer (außer Hessen) erhalten Anfang kommenden Jahres eine steuerfreie Zahlung (Corona-Regelungen) in Höhe von 1.300 Euro
  • Auszubildende, Praktikant*innen und Studierende erhalten zur gleichen Zeit 650 Euro steuerfrei
  • Ab 1. Dezember 2022 werden die Löhne um 2,8 Prozent erhöht
  • Entgelte von Auszubildenden, Personen im Praktikum und Studierenden werden ab Dezember 2022 um 50 Euro bzw. um 70 Euro im Gesundheitswesen angehoben
  • Der Tarifabschluss hat eine Laufzeit von 24 Monaten.

Die Arbeitgeber sagten zu, das Tarifergebnis zeit- und inhaltsgleich auf die Beamtinnen und Beamten und Versorgungsempfänger im Bereich der Länder und im Bereich der Kommunen zu übertragen.

Mit dem Versuch, ein jahrlanges System angemessener Eigruppierungen zu ändern (Zerstückelung des Arbeitsvorganges), scheiterten die Arbeitgeber.

Neue Tarifrunde, altes Spiel - so wirkt es auch in den jüngsten Verhandlungen mit der Tarifgemeinschaft deutscher Länder:

Das Ergebnis ist nach Ansicht des BDK NRW Tarif ein Schlag ins Gesicht für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes der Länder. Wie hier von einem "respektablen Ergebnis" die Rede sein kann, lässt sich aus Sicht BDK NRW Tarif keineswegs nachvollziehen.

Es wirkt so, als sollte das Vorhaben der Arbeitgeberseite, den Arbeitsvorgang zergliedern zu wollen, eine Ablenkung von den seit Jahren hervorgebrachten Kernforderungen sein. Durch die Fokussierung auf den Arbeitsvorgang ließen sich die Verhandlungspartner der Arbeitnehmer offensichtlich leider so massiv unter Druck setzen, dass sie einknickten und sich nicht mehr für u.a. Folgendes in den Verhandlungen einsetzten:

  • für die stufengleiche Höhergruppierung
  • für eine Lohnerhöhung, die deutlich über der Inflationsrate liegt
  • für eine Vertragslaufzeit von 15 Monaten (für ein zeitgleiches Ende mit Vertragslaufzeit des TVöD)
  • für die IT-Fachkräftezulage, die es im Rahmen des TVöD schon gibt
  • für eine Ausweitung der Zulagen für belastende Tätigkeiten bei der Polizei
  • für ein kostenfreies Jobticket
  • für Ballungsraumzulagen in Verdichtungsräumen

u.v.m.

Eine Lohnsteigerung in Höhe von 2,8 Prozent, die erst im Dezember des nächsten Jahres beginnt, steht im Missverhältnis zu den jetzt schon gestiegenen Lebenshaltungskosten. Während mehrere Landtage in diesem Jahr die Diäten ihrer Abgeordneten nicht unwesentlich erhöht haben, wirkt das schlechte Ergebnis der Tarifrunde für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes der Länder nun so, als wären die Verhandlungsführer fernab der Realität, zu weit entfernt von der hart arbeitenden Basis. Es ist ein Schlag ins Gesicht für die Beschäftigten und von einer Attraktivitätssteigerung des öffentlichen Dienstes oder sogar von Wertschätzung kann nicht die Rede sein.

Der öffentliche Dient muss leistungsstark und zukunftsfähig gestaltet werden. Nur so bleibt er im zunehmenden Wettbewerb überhaupt konkurrenzfähig. Der Personalmangel in einigen Bereichen ist jetzt schon eklatant und führt zu Mehrbelastungen bis hin zu Arbeitsüberlastungen bei den restlichen Beschäftigten. Der Fokus muss darauf liegen, gutes, engagiertes Personal auch dauerhaft halten zu können. Gerechte, leistungsorientierte, Eingruppierungen und Vergütungen sind die wichtigsten Grundvoraussetzungen zur Realisierung eines anspruchsvollen und zukunftsorientierten Berufsfeldes, wie es die Polizei darstellt.