Weiteres Bundesland gewährt sogenannte Kipo-Zulage

23.08.2023

In der Landesregierung Baden-Württemberg ist das Thema bislang nicht präsent genug.

Lage in anderen Bundesländern

Vor gut drei Jahren, 2020, meldete der BDK Nordrhein-Westfalen den Erfolg, dass im bevölkerungsreichsten Bundesland in Zukunft eine Zulage an Beamte und Tarifbeschäftigte ausgezahlt wird, wenn sie sich dienstlich mit der Auswertung von Darstellungen des sexuellen Kindesmissbrauches befassen müssen. 300 Euro erhalten die Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeiter über eine Erschwerniszulagenregelung.

Jüngst, im Juni 2023 meldeten die hessischen BDK-Kollegen den Durchbruch. Auch in Hessen wird es 300 Euro geben, für all diejenigen, die sich vorrangig um die Verfolgung von Sexualstraftaten an Kindern kümmern.

Es gibt Bundesländer, die beschreiten andere Wege. So will das Saarland 150 Euro Zulage und drei zusätzliche Urlaubstage einführen.

Auch in Niedersachsen wurde zwischenzeitlich eine Regelung in der Niedersächsischen Erholungsurlaubsverordnung eingeführt. Nach § 7 Abs. 2 erhalten Beamtinnen und Beamte sowie die Richterschaft vier Tage Zusatzurlaub im Jahr, wenn sie binnen eines Jahres mindestens sechs Monate mit mindestens der Hälfte der täglichen Arbeitszeit oder Dienstzeit mit der Auswertung oder Inaugenscheinnahme von kinder- oder jugendpornographischen Dokumenten, Dateien oder Medien beschäftigt sind.

 

Baden-Württemberg

Der BDK Baden-Württemberg hat sich intensiv auf dem Landesdelegiertentag 2022 über finanzielle Zulagen für diesen herausfordernden Bereich unseres Kripo-Berufsfeldes ausgetauscht. Es gibt durchaus gute Gründe für eine finanzielle Zulage. Genauso gut gibt es aber andere kriminalpolizeilichen Aufgabenfelder, die man mit einer Zulage bedenken könnte. Zudem sind Zulagen politisch in Baden-Württemberg nur schwer zu realisieren. Hinzu kommt der durchaus zu überlegende Gedanke, dass gerade für diesen Bereich keine falschen Anreize geschaffen werden sollten.

Eine Lösung nach dem Vorbild Niedersachsens erscheint uns in der Gesamtschau ein guter Weg. Diesbezüglich fanden bereits zurückliegend Gespräche im politischen Raum statt. Allein eine Umsetzung ist nicht in Sicht, nicht einmal das Setzen des Themas auf die Tagesordnung.

Das mutet durchaus seltsam an, denn die steigende Relevanz der sogenannten NCMEC[1]-Meldungen – also Verdachtsmeldungen zu Fällen des sexuellen Missbrauchs von Kindern, die seit Jahren steigen – ist auch im politischen Raum ein Thema. 2020 waren es noch 92.768 Fälle, die von NCMEC laut eigenem Jahresbericht an Deutschland gemeldet wurden, im letzten Jahr waren es 138.193 Fälle, die über das BKA an die Länder verteilt wurden. Das BKA und auch die Länder haben inzwischen mehrfach auf diese Steigerungen und die damit zusammenhängenden Herausforderungen hingewiesen.

Die baden-württembergische Polizei hat hierfür bislang keine neuen Stellen bekommen, durch Personalverlagerung müssen wir uns dem Thema in der Kripo also annehmen – und sagen wir, wie es ist, die Fallzahlen in den Griff bekommen, damit keine Halde entsteht. Und dass wir es müssen, stellt niemand in Frage. Aber die Belastung wirkt doppelt, erstens personell und zweitens thematisch-inhaltlich.

Mit einer aktuell nochmals bekräftigten Regelungslage hat die Polizei BW nun selbst einen Weg beschritten und nutzt einen Paragraphen in der Arbeitszeit und Urlaubsverordnung (§ 26), der im Kern für dieses Thema nicht gemacht wurde. Damit können jährlich bis zu drei Tage Sonderurlaub gewährt werden. Die Entscheidung liegt bei der Dienststellenleitung.

 

Der BDK BW stellt also fest und fordert: Es gibt für diesen wichtigen Bereich mehrfachen Regelungsbedarf. Neben dem Thema Personal sollte eine klare Regelungslage geschaffen werden, für eine zusätzliche Entlastungsauszeit. Diese Regelungslage muss ausdrücklich für die Beamtinnen und Beamten sowie die Tarifbeschäftigten gelten, die im Bereich der Bekämpfung von Jugend- und Kinderpornographie eingesetzt werden. Die Entlastungsauszeit sollte durch die Beschäftigten bewusst und ggf. auch mit kurzer Vorlaufzeit genommen werden können, eine Zeit zum Durchatmen für besonders belastende Erlebnisse. Es muss ein Anrecht auf diese Zeit eingeräumt werden, wenn es einfach mal wieder zu viel wird. In der Höhe könnte die Regelung von Niedersachsen als brauchbares Vorbild dienen.

[1] National Center for Missing & Exploited Children.