Zielvereinbarung zur Erhöhung des Frauenanteils in Führungsfunktionen in der Landespolizei – eine deutliche Kritik

10.03.2015

Noch pünktlich vor dem Frauentag wurde sie in den Behörden veröffentlicht, die im Januar 2015 unterzeichnete „Zielvereinbarung zur Erhöhung des Anteils von Frauen in Führungsfunktionen in der Landespolizei“, geschlossen zwischen den Ministerien für Inneres und Sport sowie Arbeit, Gleichstellung und Soziales in Mecklenburg-Vorpommern. Der Titel der Vereinbarung ist dabei gleichzeitig das erklärte Ziel, denn zu den Stichtagen 1. Oktober 2012 waren lediglich 7 % und zum 1. August 2014 etwa 10 % aller Führungspositionen mit Frauen besetzt und diese geringen Frauenanteile sollen jetzt weiter erhöht werden.
Zielvereinbarung zur Erhöhung des Frauenanteils in Führungsfunktionen in der Landespolizei – eine deutliche Kritik

Welche Maßnahmen sollen nunmehr unsere Frauen in der Landespolizei so gut fördern, dass sie endlich in den Genuss ihrer verfassungsmäßig schon garantierten Gleichbehandlung kommen? Hier eine gekürzte Auswahl:

  • bei Ausbildung oder Studium wird eine gemeinsame Unterbringung mit den Kindern ermöglicht

  • für Tarifbeschäftigte und VerwaltungsbeamtInnen wird grundsätzlich Telearbeit ermöglicht

  • weitere Durchführung des entwickelten Potenzialanalyseverfahrens für den geplanten Laufbahnwechsel für alle Interessierten

  • Vergabe von entsprechenden Themen für Bachelor- und Masterstudenten

  • Gezieltes Ansprechen von Frauen bei Stellenbesetzungsverfahren

  • Beachtung der Karriereentwicklung von Frauen bei Mitarbeiter- und Personalgesprächen

  • aus der Vielfalt der Angebote zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben sind Lösungen unter Beachtung der Diensterfordernisse zu entwickeln

  • für die Aufstiegsausbildung soll eine neue Konzeption mit Fernstudienanteilen geprüft werden

  • ein besonderes Augenmerk wird auf eine Übersicht der dienstlichen Beurteilungen von Frauen gelegt

Dem geneigten Betrachter wird dabei eventuell auch der Gedanke gekommen sein, dass die Inhalte der Zielvereinbarung eher einer Absichtserklärung gleichen als dem Versuch, den Frauenanteil in Spitzenfunktionen spürbar zu erhöhen. So einige der zur Frauenförderung beförderten Maßnahmen sind ohnehin für alle weiblichen und männlichen Beschäftigten gedacht, und das nicht erst seit 2015. Darüber hinaus sind die meisten Schritte lediglich für Polizeivollzugsbeamtinnen (und –beamte) vorgesehen, Verwaltungsbeamtinnen und weibliche Tarifbeschäftigte werden in der Zielvereinbarung weit weniger bedacht.

Erwähnenswert scheint auch eine Betrachtung des Hintergrundes für die nun vorliegende Zielvereinbarung zu sein. Der aktuelle Koalitionsvertrag der rot-schwarzen Landesregierung für den Zeitraum von 2011 bis 2016 sieht vor, den Anteil der Frauen in Führungspositionen in der Landesverwaltung zu erhöhen. Es wirkt schon äußerst interessant im Sinne des Zieles, wenn mehr als drei Jahre nach dem Erstellen des Koalitionsvertrages schon eine solch wichtige Zielstellung für die Landespolizei schriftlich fixiert wird.

Das grundlegende Ziel sollte doch wohl eher sein, die tatsächliche und vollständige Gleichstellung der Frau im Beruf zu erreichen und das heißt nach den Gesetzen der Wahrscheinlichkeit eine ungefähr 50 %-ige Verteilung der Führungsposten an unsere Frauen. Das wir die Anteile von 10 % nicht sofort auf 50 % erhöhen können ist naheliegend, doch wenigstens sollte das Streben danach sichtbar werden. Die in der Vereinbarung gelisteten Maßnahmen sind sicherlich nicht ungeeignet, die Karrierechancen unserer Mitarbeiterinnen zu erhöhen, führen aber sicherlich nicht zur endgültigen Angleichung.

Die offensichtlich wahren Gründe für die noch vorhandene Ungleichbehandlung werden leider nicht benannt. Solange Männer überwiegend die Leitungskader stellen und über ihren eigenen Nachwuchs entscheiden, solange eine tatsächliche Gleichbehandlung nicht in den Köpfen bewusst und gewollt verankert ist, solange bleibt die völlige Gleichstellung eben nur ein Ziel. Viel wichtiger als die Aussagen des zitierten Koalitionsvertrages oder die Inhalte der in Rede stehenden Zielvereinbarung scheint beispielsweise die Beantwortung folgender Fragen:

  • Wie kann verhindert werden, dass Frauen bei Personalentscheidungen benachteiligt werden, weil sie noch Kindern das Leben schenken werden und damit „längere Zeiten wegen Schwangerschaft, Mutterschutz oder Erziehungszeiten ausfallen“ und anschließend „öfter mit dem Kind krankgeschrieben“ werden?

  • Wie kann eine Benachteiligung von Frauen unterbunden werden, weil sie als Mütter „potentielle Teilzeitkandidatinnen“ sind?

  • Wie kann erreicht werden, dass Frauen in Führungspositionen der gleiche Respekt entgegengebracht wird wie ihren männlichen Kollegen?

  • Welche Karrieremöglichkeiten werden Frauen in unserer Landespolizei eröffnet, nachdem ihre Kinder eine eigene Familie gründeten oder sie das Haus ihrer Mutter verlassen haben?

Vorgeschriebene Ziele oder ein Verhaltenskodex können die Gleichstellung sicherlich bis zu einem gewissen Grad angleichen helfen, doch primär müssen vorgesetzte Leiter, Ehemänner oder Familienväter eine vollständige Gleichberechtigung und damit wirklich gleiche Chancen im Beruf auch selbst wollen. Und soweit scheint unsere Gesellschaft noch lange nicht zu sein.