Die Krise als Chance nutzen - Homeoffice in der Polizei

16.10.2020

Bereits 1999 beschloss die Bundesregierung das Programm „Moderner Staat-Moderne Verwaltung“. Bestandteil waren dabei auch die Ergebnisse des Projekts „Initiative Telearbeit“.
Offener Brief
Diese lauteten:

Telearbeit verbessert die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und ermöglicht bzw. erleichtert den Beschäftigten sowohl die Betreuung von Kindern als auch die Pflege von Angehörigen. Telearbeit erhöht die Mitarbeitermotivation durch:

  • Größere Zeitsouveränität bei flexibleren Arbeitszeiten.
  • Erhöhte Freiräume und Eigenverantwortung infolge zielorientierter Führung.
  • Erleichtertes Zeitmanagement, ohne soziale Kontakte zu verlieren.
  • Zeit- und Kostenersparnis, da Fahrten von und zur Arbeit entfallen.
  • Telearbeit führt zur Produktivitäts- und Qualitätssteigerung, da konzentrierter und engagierter infolge der größeren Arbeitszufriedenheit gearbeitet wurde.
  • Telearbeit ist wirtschaftlich, da den Investitions- und laufenden Kosten sowohl monetäre als auch qualitative Faktoren gegenüberzustellen sind.
  • Telearbeit unterstützt die Einführung und Verbreitung innovativer Techniken.
  • Sie findet aus allen diesen Gründen sowohl auf Seite der Beschäftigten als auch der Dienststellen breite Akzeptanz.
Auch in der Polizei bestehen die Möglichkeiten für deutlich mehr Arbeitsortflexibilisierung. Nach der Brandenburgischen Arbeitszeitverordnung für die Polizei kann den Beamten gestattet werden, ihre Dienstleistungen teilweise auch außerhalb der Dienststelle zu erbringen, soweit keine dienstlichen Belange entgegenstehen.
Eine entsprechende Dienstvereinbarung zwischen dem Polizeipräsidium und dem Gesamtpersonalrat wurde bereits am 11.11.2013 unterzeichnet.

Aber wie ist der Stand in Brandenburg 10 bis 20 Jahre später?
Das mag jeder selbst entscheiden. Aktuelle Zahlen liegen uns nicht vor.
Auf eine Kleine Anfrage (Drucksache 6/8473) zu Telearbeitsplätzen in der brandenburgischen Verwaltung antwortete die Landesregierung unter anderem, dass im Bereich des Ministeriums für Inneres und Kommunales 222 Telearbeitsplätze bzw. Formen der Arbeitsortflexibilisierung mit Stand vom 31.12.2017 bestanden.

Aufgrund der aktuellen Corona-Krise hat das Polizeipräsidium Ende März mit einer Verfügung zur lageangepassten Gewährung von Heimarbeit und damit einhergehend zur Vertrauensarbeitszeit reagiert.
Richtig – Polizeivollzugsdienst lässt sich nicht von zu Hause aus regeln. Wir sind aber der Auffassung, dass es dennoch viele Aufgaben, die im Home-Office gut zu erledigen sind, gibt. Leider sind bei der Polizei im Land Brandenburg nur ausgesprochen wenige Kollegen mit einem mAPC ausgestattet, der über eine VPN Anbindung an unsere dienstlichen Systeme verfügt. Und auch normale mAPC sind nicht flächendeckend vorhanden, so dass man mit Beginn der Krise erst einmal den Bedarf an mobilen Arbeitsplätzen abfragte. Wer die Wege in unserem Land kennt weiß, dass es von der Abfrage des Bedarfs noch ein langer Weg bis zur eigentlichen Realisierung des Projektes ist.

Die Corona-Krise sollte uns daher eine Lehre sein. Wir sollten die aktuelle Situation nutzen und vorausdenken, oder wie es auch so treffend heißt, vor die Lage kommen. Es gilt, aus den Erfahrungswerten Schlüsse zu ziehen und Konzepte zu erarbeiten, um die Polizei auf derartige Szenarien einzustellen. Dazu gehören dann auch vollwertige Homeoffice-Arbeitsplätze in der kriminalpolizeilichen Sachbearbeitung und die Erarbeitung gemeinsamer und einheitlicher Homeoffice-Leitlinien.

Der ein oder andere Vorgesetzte mag in solchen Situationen, wenn man nicht mehr zusammen mit allen Mitarbeitern im Büro ist, Angst vor Kontrollverlust haben. Diese anfängliche Angst ist ganz normal. Wenn man im Büro einen Mitarbeiter am PC sitzen sieht, kann man ihn aber auch nicht kontrollieren. Man sieht nur, dass er da ist. In dieser neuen Situation, wenn auf einmal mehrere Kollegen im Homeoffice sind, braucht es viel Vertrauen und natürlich Zeit, sich an diese neue Art zu arbeiten zu gewöhnen. Gelingt uns das, gewinnen wir mehr Selbstverantwortung, Eigeninitiative und Arbeitszufriedenheit.

Kolleginnen und Kollegen, die den täglichen Spagat zwischen Beruf und Familie unter einen Hut bringen müssen werden dadurch zudem eine spürbare Entlastung erfahren.
Wir sollten als Polizei des Landes Brandenburg diese Krise als Chance sehen, vom althergebrachten „Das haben wir schon immer so gemacht“ wegzukommen und neue Wege beschreiten. Das wird Geld kosten und Mut und Vertrauen erfordern. Eine zukunftsorientiert aufgestellte Polizei und zufriedene Mitarbeiter sollten es uns wert sein. Sie werden es mit Motivation und Einsatz zurückzahlen.